Industrialisierung in der Region: 8a besucht historische Arbeitersiedlung in Kuchen

Im Rahmen des Themas „Industrialisierung“ im Geschichtsunterricht besuchte die Klasse 8a, am Donnerstag, den 14. März 2019, die historische Arbeitersiedlung in Kuchen, die 1857 von dem Unternehmer Arnold Staub errichtet wurde.


„Damals vor ca. 150 Jahren stellte die Arbeitersiedlung eine Neuheit dar“, erklärte Helmut Junginger, während er eine Postkarte mit französischer Aufschrift in die Höhe hielt. Diese zeigt die Gebäude der Arbeitersiedlung und darunter steht übersetzt „in der Nähe von Geislingen“, denn damals kannte nicht jeder den Ort Kuchen. Geislingen hingegen war bekannt, wegen der WMF und der steilsten Steige in Süddeutschland. Stolz präsentierte der Unternehmer Arnold Staub seine Arbeitersiedlung auf der Weltausstellung in Paris 1867. Er gewann dafür ein Preisgeld, welches er zur Unterstützung von Witwen und Waisen in seiner Siedlung verwendete. Außerdem erhielt er eine Goldmedaille und wurde von Kaiser Napoleon III. zum „Ritter der Ehrenlegion“ ernannt.
Der Rentner Helmut Junginger, der schon seit einigen Jahren Führungen anbietet, kennt die Geschichte von Arnold Staub und der historischen Arbeitersiedlung wie kein anderer. Aufmerksam lauschten ihm der Schülerinnen und Schüler im Pavillon in der Mitte der Arbeitersiedlung, während er erzählte, dass der Schweizer Unternehmer aus der Nähe von Liverpool 460 Webstühle über Rotterdam und Karlsruhe nach Kuchen verschiffen ließ. „Diese wogen einige Tonnen und man hatte nur Pferde, die dafür sorgten, dass man die Webstühle an Land ziehen konnte.“
1867 waren in der Textilfabrik bereits 800 Arbeiter beschäftigt, für die Staub verschiedene Wohngebäude, ein Bad- und Waschhaus mit Schwimmbecken, ein Haus mit einem Fest- und Speisesaal sowie ein Mehrzweckgebäude mit Wohnräumen, Schule, Bibliothek, Spital, Apotheke und Kaufladen errichten lassen hatte. „In dem Pavillon, in dem wir stehen, wurde sonntags immer gemeinsam musiziert“, erklärte Junginger.
Der Unternehmer Staub handelte bei der Errichtung der Arbeitersiedlung nicht uneigennützig. Er wollte zuverlässige und angelernte Arbeiter sowie Meister an seine Fabrik binden. In der Siedlung galten strenge Regeln und im Lesezimmer befanden sich laut Junginger keine Bücher zur Unterhaltung, sondern zur Weiterbildung.
Doch wie in jedem Leben gab es auch in Staubs Leben Schicksalsschläge: Durch den Sezessionskrieg in den USA kam es weltweit zu einer Verknappung des Baumwollangebots, was die Produktion in Kuchen erschwerte. Außerdem brannte das Fabrikgebäude ab, woraufhin Staub hoch verschuldet war und das Unternehmen in der Süddeutschen Bauwoll Industrie AG in Kuchen aufging. 1882 nahm Staub sich das Leben. Die Süddeutsche Baumwoll Industrie AG existiere bis 1983. Dann musste auch dieses Unternehmen seine Tore schließen, da es neben der Konkurrenz aus Fernost nicht am Markt bestehen konnte.